Suevia Pannonica Vereinigung Ungarndeutscher Akademiker e.V.
Sitz: Heidelberg
Wappe

Vereinsgeschichte

Die ersten studentischen Organisationen auf dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie

Der Geschichtsabschnitt, von dem hier die Rede sein wird, gehört zu jener aufbruchs­vollen Zeit, in der beherzte ungarndeutsche Studenten zum ersten Mal aus dem Schatten des einebnenden Umgebungs­zwanges traten und sich zu einer Vereinigung formierten. Sie hieß: „Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern der ungarischen Krone“. Der Gründungs­akt unter der Leitung von zwei bekannten Namen, Edmund Steinacker und Adam Müller-Guttenbrunn, (beide lebten in der Nähe Wiens), fand im Jahre 1899 statt, nachdem am 15. Dezember die Satzung genehmig wurde. Es war die Zeit der nationalen Hochstimmung in Ungarn. Die rauschenden Feste des Millenniums, der Tausendjährung Ungarns (896 Landnahme der Stämme Arpads), waren soeben abgeklungen, ein einmaliger wirtschaftlicher Aufschwung um die Jahrhundertwende verhieß goldene Zeiten. Dieser Aufbruch, dieses Erwachen erfasste auch die deutschen Studenten an den Universitäten des Landes; zunächst in Budapest (Petro-Pazmania) und Klausenburg (Franzisco-Josephina), später auch in anderen Provinzstädten, wie Debrezin, Fünfkirchen und Segedin. Die junge Intelligenz des Deutschtums wusste über das Schicksal der Sathmarer Schwaben und der Zipser Sachsen im Oberland, die schon zur damaligen Zeit fast vollkommen eingeschmolzen waren.

Die Gothia und die Longobardia

Von der Geschichte sensibilisiert und um die Zukunft besorgt, gründeten sie nach westlichem Muster kurz vor dem Zusammenbruch der Monarchie Österreich-Ungarn, 1918, in Budapest zwei Verbindungen: Die Gothia und die Longobardia. Auf die Gothia gehen die Wurzeln der heutigen SUEVIA PANNONICA e.V. Heidelberg zurück. Daneben bestand schon eine „Vereinigung ostdeutscher Hochschüler“ und eine „Landsmannschaft der schwäbischen Hochschüler“, auch „Jungschwaben“ genannt, in Budapest (Anton Tatferner, in ARCHIV der Suevia Pannonica, Heidelberg 1974). Das Bedürfnis der zahlreich in Budapest studierenden Ungarndeutschen, sich auf der Grundlage der Volkszugehörigkeit zu organisieren, nahm damit konkrete Gestalt an. Die Longobardia bezeichnete sich als schlagende Verbindung und orientierte sich an österreichisch-deutschen Vorbildern, pflegte mehr die burschenschaftliche Bräuche (obwohl es in Ungarn keine Mensuren gab), dagegen wendete sich die Gothia von Anfang an dem ungarnländischen Deutschtum, seinen Nöten und Zielen zu. Mit dem Namen wollten wohl beide akademische Vereinigungen ihre Verwurzelung im Karpatenraum dokumentieren.

Suevia

Die Longobardia wirkte recht blutleer, während die Gothia. die Gothia, die 1925 in SUEVIA umbenannt wurde, durch eine glückliche Fügung immer mehr Zulauf erfuhr. Die Umbenennung der Gothia in SUEVIA war nicht nur ein formaler Akt. Sie war bewusster Ausdruck einer geistigen Haltung: Verbunden­heit mit dem Volk und Bekenntnis zum Programm des hoch angesehenen ungarndeutschen Professors und Nationalitätenministers (1919) Dr. Jakob Bleyer. Jakob Bleyer wurde mehr das Zentrum und der Motor der jungen Studentenverbindung SUEVIA. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass aus den Reihen der SUEVIA zahlreiche Persönlichkeiten des gesellschaftlichen und politischen Lebens hervorgegangen sind. Die Geschichte der SUEVIA ist mit dem Namen Jakob Bleyers aufs Engste verbunden. Seine Aus­strah­lung und Autorität zog all jene Studiosi zur SUEVIA, die nach seinem frühen Tod (1933) die sprachliche und kulturelle Aufbauarbeit der Ungarndeutschen bis in die 40er Jahren hinein vorantrieben. Sie bereisten die ungarndeutschen Gemeinden, hielten Vorträge, organisierten kulturelle Veranstaltungen. Es war für die Bevölke­rung eine ganz neue Situation: Die Intelligenz, die aus der Stadt aufs Land kam, sprach mit dem Volk bis dahin nur in der Amtssprache, madjarisch. Nun erlebten sie auf einmal, dass auch die eigenen Töchter und Söhne nach dem Studium zu ihrer abgestammten Herkunft standen und die Sprache ihrer Ahnen nicht verleugneten, wie es vorher leider oft der Fall war. Diese Ausführungen werden für unsere an­gehen­de Jungakademiker von heute überkommen erscheinen, aus der multi­kulturel­len Paneuropa­perspektive gar Kopfschütteln hervorrufen. Die inneren Nöte und Zwänge, in der sich die deutsche Volksgruppe in Ungarn befand (und immer noch befindet!), ist für Außenstehende nur schwer zu ver­mit­teln. Als Farbe wählte sich die SUEVIA blau-weiß-gold. Das traditionelle Vereinslokal, in dem sich die Suevianer am Donnerstag jede Woche trafen war die Gaststätte „Zu den drei Spatzen“ in Ofen. Nachmit­tags ab vier kamen die alten Herren Die Altherrenschaft der SUEVIA bestand (in Abwechslung von der klassischen Verbindung) - nicht nur aus ehemals Aktiven, die ihr Studium beendet hatten. Ihr gehörten auch Männer an, die bereits im akademischen Berufsleben standen, als die SUEVIA gründet wurde. Sie gaben der SUEVIA Ansehen, Gewicht und nicht zuletzt Glanz. Ohne sie hätte sich die suevia­nische Identität und das Selbstbewusstsein ihrer Mitglieder zu jener Zeit nicht herausbilden und nicht behaupten können.

SUEVIA BUDAPESTINA

Die regen Aktivitäten der SUEVIA BUDAPESTINA blieben nicht ohne Erfolg. Auch in Fünfkirchen formierte sich bald die Studentenschaft, unter dem Namen „Suevia Pannonica“. Aus ihr ging 1938 die „Deutsche Hochschülerschaft in Ungarn“, DHU, hervor, nachdem unter ähnlicher Bezeichnung die Studentenschaft im benachbarten Rumänien und Jugoslawien eben­falls Vereine gegründet hatte. (Adam Hohmann in ARCHIV Suevia Pannonica, Heidelberg 1981.) Das unter großem Einsatz aufgebaute ungarndeutsche Studenten-Vereinsleben wurde mit Kriegsende auf einen Schlag zunichte gemacht Auch die Suevianer mussten ihre Heimat verlassen, einige fielen im Krieg. Sie wurden in alle Himmels­richtungen zerstreut. Die meisten kamen in die Westzone der Bundesrepublik.

Neugründung

Nach vielen Jahren der familiären und wirtschaftlichen Konsolidierung gelang unter der Führung von Dr. Adam Schlitt im Jahre 1961 in Heidelberg die Reorgani­sation bzw. Neu­gründung der Nachfolge­organisation der 1945 eingegangenen SUEVIA BUDAPESTINA.

Als Ausdruck der Verbundenheit zu alten Heimat, gab sich der neu gegründete Verein den Namen „SUEVIA PANNONICA, Vereinigung Ungarn­deutscher Akademiker e. V., Sitz Heidel­berg“.

Das erste Stiftungsfest fand am 30. April 1961 in Heidelberg statt. Festredner war Univ. Prof. Dr. med. Kaspar Niederecker aus Würzburg. Die SUEVIA PANNONICA bildet das Sammel­becken der nach Deutschland vertriebenen - und auch später eingewan­derten - ungarn­deutschen Akademiker. Eine akademische „Altsitzer-Vereinigung“, in der beiderlei Geschlecht vertreten und zum Großteil nicht aus einer Aktivitas hervorgegangen ist.

Nach Dr. Adam Schlitt standen der SUEVIA vor: Adam Hohmann, Prof. Dr. Gallus Rehm, Dr. Johann Wiandt und Dr. Josef Schwing.

Zurzeit leiten die Vereinigung Frau Katharina Eicher-Müller und Dr. Johann Till.

Neben der Pflege der Freund­schaft und der Heimatverbundenheit sieht die SUEVIA PAN­NONICA ihre Hauptaufgabe in der fakten­gerechten Erarbeitung und Darstellung der Kultur und der Geschichte der Ungarndeutschen.

Veröffent­lichungsorgan ist das Jahrbuch „SUEVIA PANNONICA Archiv der Deutschen aus Ungarn“. Ihr lang­jähriger Schriftleiter waren Dr. Adam Schlitt, Prodekan Friedrich Spiegel-Schmidt, Prof. Dr. Josef Schwing und jetzt Rudolf Fath. Das Archiv wird in zahlreichen Bibliotheken in aller Welt geführt.

Im Rahmen unserer gesellschaftlichen Tätigkeiten sind wir verpflichtet und stets bestrebt den guten deutsch-ungarischen Beziehungen zu dienen. Nach der politischen Wende in Ungarn griff auch die SUEVIA PANNONI­CA die Gelegenheit auf, den Heimatverbliebenen ungarndeutschen Studenten im Rahmen ihrer Möglichkeiten beizustehen. Hierzu wurde der „Förderungsfonds der SUEVIA PANNONICA“ gegründet.

Aus Spenden der Mitglieder wurde ein Fonds geschaffen, aus dessen Erträgen jährlich acht, in Ungarn studierende, ungarndeutsche Studenten eine finanzielle Unterstützung erhalten.

Dr. Johann Till

nach oben